Königin Luise

 

An den Ministerpräsidenten                                                                                                                              Alt-Rehse, d. 12. März 2007
Des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Herrn Dr. H. Ringstorff
Schwerin  Schloß


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident

Königin Luise – ein Leitbild für unsere Zeit.

Der nachdenkliche Günter de Bruyn spricht in seinem Buch „Preußens Luise“ vom Vergehen einer Legende - und ist sich am Ende wohl bewußt, an ihrer Erhaltung mitgeschrieben zu haben.  
Legenden sind das Eine! Die Erinnerungen etwas anderes und weit mehr.
Wo sie jedoch unterdrückt, geleugnet oder verworfen werden, leben sie im Volk dennoch weiter, erwachen und führen uns, wenn wir nur wollen, zu den Wurzeln und zur Wahrheit unserer Geschichte.

Es ist weit mehr, denn eine Legende, die hier auflebt.
Ein Volk, dessen Geschichte 12 zu lange Jahre mißbraucht, dem man danach nationale Identität, Patriotismus, Tradition und Würde aberzogen hatte, beginnt langsam sich wieder zu besinnen, sich zu finden.
Dazu tragen die Frauen und Männer des Vereins in Hohenzieritz auf mehrfach historischem Boden in bewundernswerter Weise bei.
Wir wollen ihnen herzlich danken.
Dank gebührt auch dem stillen Bewahrer der „Rauch-Plastik“, der sie aus sowjetischem Kulturvandalismus rettete.
Schmach und Schande aber über Diejenigen, die viel später eine „Wolf-Plastik“ aus dem Park-Pavillon gestohlen haben.
Doch ebenso über eine Landesregierung, die jene Mittel verweigerte, welche für die Nachbildung des von Russen zerschlagenen Sarkophags benötigt wurden.
Da zeigte sich, daß die Erben Franz Mehrings aus der Wahl-Zwangsjacke mit den Ulbricht-Erben nicht heraus können.
So wurde also weiter gesammelt; und Dank der großartigen Arbeit des Bildhauers Walter Preik konnte eine Nachbildung aufgestellt werden! Nicht für eine Legende, geschah das, sondern für den Erhalt unserer nationalen Bewußtheit, für eine Zukunft, die, wie auch das Heute, ohne Vergangenheit nicht leben kann.

Doch vielleicht kann ja die Bundeskanzlerin, anstatt die despotische Preußenhasserin Katharina zu bewundern, sich besser an dieser preußischen Königin ein Beispiel nehmen und die noch unbewußte „Leitkultur Preußen“ zum Maßstab eines Handelns machen, das  unser Volk sich nach dem jahrzehntelang tief gebückten Gang an Tugenden und Tradition wieder aufrichten läßt.

Und - gebt dem Frieden des Parks die Büste der Königin zum ewigen Frieden wieder. Denn wer den Frieden finden will, der besuche die Königin in Hohenzieritz und erfahre sie, auch im Park.

„Einst wird die Zeit kommen, die uns um die Freude über das Große und Schöne, das wir besaßen, beneidet“, mahnte uns Jean Paul mit Blick auf diese Königin.

Und E.M. Arndt, der große Pommer, gab uns in seiner Hoffnungsrede zu bedenken:“ Wie kann das Neue sich Treue versprechen, von einem Leichtsinn, der keine Toten zu beweinen hat. Nur wessen Herz auch noch jenseits in der Vergangenheit steht, der wird der Gegenwart redlich helfen und mutig in die Zukunft hineinstreben.“                                               

                                                                                                          Dr. Wolfgang Köpp  


 
 

Aussprüche zu Königin Luise

 

Allem voran!          

 

Der Tod der Königin ist ein wahrhaftiges, öffentliches Unglück für Preußen;

Er ist es in gewisser Hinsicht sogar für ganz Deutschland, und diejenigen, die das Glück hatten, dieser Fürstin näher zu treten, haben einen unersetzlichen Verlust erlitten . . .  Sie hatte im höchsten Grade die Gabe, zu beseelen, zu ermutigen, zu beleben und wieder zu beruhigen allein schon durch die Gegenwart, selbst in gefahrvollen Augenblicken; sie erkannte alle Talente, sie besaß die Kunst, selbst diejenigen zu entdecken, die sich am wenigsten selbst hervortaten.

Wilhelm von Humboldt am 29. August 1810


Der Zauber ihrer anmutigen Persönlichkeit, dem sich niemand entzog und niemand entziehen konnte, lag doch nicht so sehr an ihrer äußeren Erscheinung; Er strömte aus ihrem Inneren, dessen schöne sanfte Harmonie ihre Bewegungen beseelte und in ihren Worten wiederklang. Über ihrem Wesen lagen keine Schleier, keine Rätsel; Auf ihrem Antlitz las man keine Herzenskämpfe, sondern den tiefen Frieden einer unbefangenen reinen Seele und das warme Glück eines Herzens, das selbst froh und glücklich fühlt und alle froh und glücklich machen möchte.

Paul Baillieu


Die Zukunft, wird sie schrecklich sein?

Mein Alter, wird es mich erfreu’n?

Wie werd’ ich in den künft’gen Tagen

Vielleicht des Lebens Last ertragen?

Doch meine Seele sorget nicht,

Der Herr ist meine Zuversicht                   

Luise, Eintragung in ihr Andachtsbuch am 15.6.1792.


Ich kann Dir doch nie vergelten, was Du mir Gutes getan; Du hast mein irdisches und geistiges Glück begründet; Ich kann nichts tun, Dir meine Erkenntlichkeit zu beweisen, ich werde ewig Deine Schuldnerin bleiben.                                 

Luise an ihre Großmutter, Berlin 1795


Als sie weggingen, sagten sie mir, daß sie niemals so zufrieden und lustig gewesen wären und daß sie das Erlebnis nicht vergessen würden.       

Katharina Goethe anläßlich des Besuches von Luise und ihrer Schwester Friederike in Frankfurt 1790 


Im Hinblick auf die Umstände waren die Feste und Feierlichkeiten der Krönung vielleicht noch imposanter als die vorhergehenden Krönungen. (-) Ich eröffnete den Ball mit der jungen Prinzessin Luise von Mecklenburg . . .

Fürst Clemens Metternich


Ich verspreche mir ein vollkommenes Glück, nicht ein romantisches Glück; aber sicher werden wir so glücklich sein, wie zwei Gatten, die sich lieben, es sein können. Ich umarme Sie und bin für das Leben Ihre treue Freundin und bald herzliebes Weiblein Luise

Luise an ihren Verlobten im Dezember 1793 


Recht schön! Aber ganz ähnlich kann die Königin Luise doch nicht gemalt werden, denn kein Künstler vermag es, ihren herzgewinnenden Blick voll Geist und Güte so darzustellen, wie er ist, besonders wenn er im Gespräche sich belebt und lächelt. Dem, der sie kennt, tut kein bild, auch das beste nicht, Genüge.                                                

Herzog Ferdinand v. Braunschweig zu einem Bild der Königin


Ich werde Ihnen zum Willkommen singen: Unsre Katz hat Junge, sieben an der Zahl, sechs davon sind Hunde, das ist ein Skandal. Und der Kater spricht die ernähr ich nicht.

Luise an Friedrich Wilhelm III. im April 1793


(das klingt so ähnlich wie ein altes Mecklenburgisches plattdeutsches Lied, wie es bei Erntefesten in den Dörfern gesungen wurde: „ Unsre Katt hätt nägen Junge, dat hätt Nahwers Kater dahn“. Möglicherweise ist es der Ursprung für das Lied, das Luis Armstrong gesungen hat: „Ouer black Katt has nine Lives – ,“ indem Mecklenburger Auswanderer es nach Amerika mitnahmen.)


Ich beschäftige mich nur mit Ihnen, alles andere ist mir gleichgültig und langweilig.

Friedrich Wilhelm III. an Luise im Juni 1793


Ich finde immer mehr, daß wir vortrefflich zueinander passen, und ich verspreche mir eine recht glückliche Zukunft. Ja, mein teurer Prinz, ich werde glücklich, mit Ihnen, denn Sie sind gut.

Luise an Ihren Verlobten im August 1793


     

 

Und wirklich konnte man in diesem Kriegsgetümmel die beiden jungen Damen für himmlische Erscheinungen halten, deren Eindruck auch mir niemals verlöschen wird.

Goethe im Tagebuch am 19.Mai 1793


Niemals sah ich vorher und auch niemals nachher ein so entzückendes Wesen wie die Kronprinzessin. Von regelmäßiger und edler Schönheit, verband sie mit dem reizendsten Antlitz einen Ausdruck von Sanftmut und Bescheidenheit, der ihr aller Herzen  gewann.

Ihre Schwester Friederike war auch reizend, anmutig, elegant; ihre Arme waren bewundernswert, ihre Farbe sehr schön; aber ihre Züge waren denen ihrer Schwester nicht zu vergleichen . .

Friederike erschien sicherer und gewandter im auftreten und in der Unterhaltung; aber die Ältere, schön in ihrer einfachen Schönheit, hatte eine schüchterne Miene, die ihren Reiz noch erhöhte.

Luise v. Radziwill 1794


Ein Zulauf von Menschen, der ungeheuer war, alle Fenster beleuchtet, der Zug nahm kein ende, und ein Werfen mit Sträußen, daß wir ordentlich in Blumen badeten . . .
Wenn meine Schwestern nicht so vernünftig wären, so hätte ihnen dies wohl schmeicheln können.

Georg, Luises Bruder, über den Einzug der Prinzessinnen in Berlin


Gedicht des Ernst Wichert zum Einzug der Kronprinzessin in Berlin

Die Prinzessin ist wirklich anbetungswürdig, so gut und so reizend zugleich, und der Kronprinz ist ein redlicher, vortrefflicher Mann, daß man ihm das seltene Glück einer solchen Ehe, den Besitz eines solchen Engels, innig gönnt.

Gräfin v. Voß im Dezember 1793 in ihrem Tagebuch


Ich konnte in jenen ersten Monaten ihrer Ehe nicht erwarten, daß die junge Fürstin mir sogleich ihr volles Vertrauen schenken würde. Der Unterschied der Jahre war zu groß zwischen ihr und mir; auch hatte sie etwas Verschlossenes in ihm Charakter, und ich mu0 sagen, zum Glück und mit Recht eine große Zurückhaltung, die sie abhielt, sich gegen Personen, die sie nicht näher kannte, offen auszusprechen.

Gräfin v. Voß 1794 in ihrem Tagebuch


Die Voß ist ein kleiner entfesselter Teufel . . .

Und alle, die sich nur auf drei Schritte ihrer Person nähern, sind Zielscheibe ihrer Verwünschungen. Jedoch denke ich darin Ordnung zu schaffen.

Luise an Friedrich Wilhelm III. im Mai 1804


Auf alle Tage im Jahr

Halt’ ich die Verse bereit –

Wird alles gedankenlos spendiert,

An jene wie an diese.

Doch wenn das Herz den Reim diktiert,

Steht im Kalender Luise.                                                            

August von Kotzebue


Die Königin war eine Schönheit ersten Ranges, von hoher und schlanker Gestalt, edler Fülle, anmutsvoller Haltung und Bewegung; ihr Gesichtsschnitt, mit Ausnahme der etwas zu stumpfen Nase, von hellenischer Reinheit und belebt durch große Blauaugen.

Johannes Scherr


Ich bin nun Königin, und was mich dabei am meisten freut, ist die Hoffnung, daß ich nun meine Wohltaten nicht mehr werde so ängstlich zu zählen brauchen.

Luise an ihre Großmutter im November 1797


Wir sind glücklich! Ich? So sehr als es eine Königin sein kann.

Es ist aber doch nicht das Glück einer Kronprinzessin. Als ich von dem Glück sprach, so wollte ich sagen: Könnt’ ich doch Rang und Würde ablegen, und bloß mit Menschen umgehen die ich liebe.

Luise an Bruder Georg 1797, nach der Thronbesteigung


Der Königin Beispiel wird unendlich viel wirken. Die glücklichen Ehen werden immer häufiger, die Häuslichkeit wird mehr als Mode werden. Jede gebildete Frau und jede sorgfältige Mutter sollte das Bild der Königin in ihrem oder ihrer Töchter Wohnzimmer haben. Welche schöne, kräftige Erinnerung an das Urbild, das jede zu erreichen sich vorgesetzt hätte! Ähnlichkeit mit der Königin würde der Charakterzug preußischer Frauen, ihr Nationalzug! In unseren Zeiten haben sich wahre Wunder der Verwandlung ereignet. Verwandelt sich nicht ein Hof in eine Familie, ein Thron in ein Heiligtum, eine königliche Vermählung in einen ewigen Herzensbund? Wer den ewigen Frieden jetzt sehen und liebgewinnen will, der reise nach Berlin und sehe die Königin.

Novalis


Was das Glücksgefühl der Königin erhöhte, war die schöne Gewißheit, daß ihr Gemahl ein Leben ohne sie schlechterdings nicht zu ertragen vermochte. Waren die militärischen Pflichten erledigt und einige Kabinettsvorträge rasch entgegengenommen, so gehörten die übrigen Tagesstunden seiner Gemahlin. Sie war die Freundin, die Vertraute, mit der er alles besprach, die über das freudlose Einerlei seines Daseins den fröhlichen Zauber ihres sonnigen Wesens breitete.

Paul Baillieu


Unter den zahlreichen Königinnen, welche mit und nach der Königin Luise gekommen und gegangen sind, ist keine zweite, die also noch in lebendiger Erinnerung fortlebte.

Theodor Mommsen


Der Gedanke, andere glücklich zu machen, macht mich glücklich.

Luise an ihren Bruder Georg 1798


In der Berliner Gesellschaft, besonders unter den jüngeren Leuten, herrscht ein Gefühl ritterlicher Ergebenheit gegen die Königin. Ein sonniges Lächeln oder ein Blick ihrer hell lachenden Augen ist eine Gunstbezeigung, nach der man eifrig trachtet. Wenige Frauen sind mit soviel Lieblichkeit begabt als sie, und sie ist ebenso liebenswürdig und anmutig, wie sie schön ist; sie ist voll Lebhaftigkeit und geht mit Geist und Freude auf jedes Vergnügen ein. Doch ich muß innehalten, oder Ihr werdet denken, daß mir der Kopf verdreht ist, wie es schon so viele Köpfe sind, durch die Schönheit und Anmut der Königin Luise von Preußen.

Georg Jackson von der Englischen Gesandtschaft in Berlin  1803


Ein politischer Charakter ist die Königin nicht eigentlich gewesen, trotz ihrer tiefen und innigen Teilnahme an den Geschicken des Staates und des Volkes. Schon ihre Menschenkenntnis und ihr Verhältnis zu den leitenden Staatsmännern waren nicht ganz frei von Schwäche und Laune.

Friedrich Meinecke


Es ist mein heißester, mein liebster Wunsch, meine Kinder zu wohlwollenden Menschenfreunden zu bilden; Auch nähre ich die frohe Hoffnung, diesen Zweck nicht zu verfehlen.

Luise an Professor Heidenreich


Nach Wesen und Erziehung eher zu Tändelei und Zeitvertreib neigend, lag ihr zielgerichtete Aktivität wenig und politische Aktivität schon gar nicht. Aber sie war es, auf deren Schultern die Hoffnungen ihres Landes ruhten.

Heinz Ohff


Ihr seht mich in Tränen; ich beweine das schwere Geschick, das uns betroffen hat! Der König hat sich in der Tüchtigkeit seiner Armee und Führer geirrt, und so haben wir unterliegen  sollen und müssen flüchten.

Luise zu ihren Kindern nach der Schlacht von Jena


Die arme Königin erweckt durch ihre würdevolle Resignation und ihren Charakteradel in allen Prüfungen und in allem Unglück noch mehr Teilnahme als selbst durch ihre große Schönheit . . .
Sie muß sehr vorsichtig sein, in Worten wie in Handlungen; denn der König ist äußerst schlecht gelaunt und taub gegen ihre Worte. Sie indessen läßt keine Mutlosigkeit in sich aufkommen und versäumt keine Gelegenheit, den Ratschlägen von Köckritz und Genossen entgegenzutreten.

Georg Jackson Englische Gesandtschaft 1906


Es wäre vergeblich, Dir die Empfindungen  schildern zu wollen, die ich empfand, als ich Potsdam und Berlin wiedersah. Das Volk in Berlin, welches glaubte, ich sei gefangen, begleitete meinen Wagen und sammelte sich zu Tausenden am Palais unter meinen Fenstern und rief nach mir.

Luise an ihren Mann bei der Flucht nach Stettin im Oktober 1806 


Liebe Voß, wer hätte uns das vor sechs Wochen gesagt? Und Sie, die Sie dem königlichen Hause so wahrhaft ergeben sind, was müssen Sie leiden? . . . Man hört nichts von Berlin. Bonaparte speit Beleidigungen und Gemeinheiten gegen mich aus. Seine Flügeladjutanten haben sich mit ihren Stiefeln auf meinen Sofas, in meinen Gobelinsalons in Charlottenburg breitgemacht. Das Palais ist noch respektiert worden; er wohnt im Schloß. Es gefällt ihm in Berlin, aber er hat gesagt, er wolle keinen Sand und werde diese Sandbüchse dem Könige lassen. Und man lebt und kann die Schmach nicht rächen! . . .

Luise an Gräfin v. Voß aus Graudenz im November 1806 


Ihre Organisation war zu schwach, um die inneren und äußeren Stürme, die sie betrafen, lange aufzuhalten. Aber unsterblich sind die Ideen, vornehmlich über die Verbindung Preußens mit Deutschland, mit denen sie sich trug. Ihre Persönlichkeit und ihre Gedanken, ihre Leiden und ihre Erwartungen bilden einen Bestandteil der preußischen Geschichte; ihr Name ist mit einem poetischen Anhauch umgeben und durch Pietät geheiligt.

Leopold von Ranke


An unsere Königin kann ich gar nicht ohne Rührung denken.

In diesem Kriege, den sie einen unglücklichen nennt, macht sie einen größeren Gewinn, als sie in einem ganzen Leben voll Frieden und Freuden gemacht haben würde. Man sieht sie einen wahrhaft königlichen Charakter entwickeln. Sie hat den ganzen großen Gegenstand, auf den es jetzt ankommt, umfaßt, sie, deren Seele noch vor kurzem mit nichts beschäftigt schien, als wie sie beim Tanzen oder beim Reiten gefalle. Sie versammelt alle unsere großen Männer, die der König vernachlässigt, und von denen uns doch nur allein Rettung kommen kann, um sich; ja, sie ist, die das, was noch nicht zusammengestürzt ist, hält.

Heinrich v. Kleist, Königsberg  1806


Nie werde ich ganz unglücklich sein; nur hoffen kann ich nicht mehr. Wer so von seinem Himmel heruntergestürzt ist, der kann nicht mehr hoffen.

Luise an ihren Vater; Memel 1907


Welche Überwindung es mich kostet, das weiß mein Gott!

Denn wenn ich gleich den Mann nicht hasse, so sehe ich ihn doch als den an, der den König und sein Land unglücklich gemacht. Seine Talente bewundere ich; aber seinen Charakter, der offenbar hinterlistig und falsch ist, kann ich nicht lieben. Höflich und artig gegen ihn zu sein, wird mir schwer werden. Doch das Schwere wird einmal von mir gefordert. Opfer zu bringen bin ich gewohnt.

Luise, Tagebuch Juli 1807, auf dem Wege nach Tilsit


Es ist mir, als wenn ich in den Tod ginge, als wenn dieser Mensch mich würde umbringen lassen; Er hat meine Familie, er hat ganz Preußen unglücklich gemacht.

Luise an den General Kessel auf dem Wege nach Tilsit


Luise zu Napoleon: Ich gebe mich über unsere Lage keiner Täuschung hin. Ich weiß, daß wir Opfer bringen müssen. Wenigstens aber trenne man von Preußen nicht Provinzen, die ihm seit Jahrhunderten gehören. Man nehme uns nicht unsere Untertanen, die wir wie Lieblingskinder lieben . . . Der Krieg ist nicht zu unseren Gunsten ausgefallen, aber er hat die Anhänglichkeit unserer Völker an uns nicht vermindert – ich rufe Sie selbst zum Zeugen auf -  und das ist ein großer Trost für mich.

Darauf Napoleon: Leider, Majestät, stehen die allgemeinen Kombinationen oft den persönlichen Rücksichten entgegen.

Luise: Ich verstehe nichts von den großen politischen  Kombinationen. Aber ich glaube, meiner weiblichen Würde nichts zu vergeben, wenn ich den grausamen Schmerz des Königs betone, falls er einige der ältesten Provinzen seines Landes abtreten müßte. Trotzdem Sie mir einen Vorwurf wegen der Verlängerung des Krieges gemacht haben, so kann ich mir doch nicht denken, daß Standhaftigkeit im Unglück in Ihren Augen eine Schande ist . . . Und doch kostet es Sie nur ein Wort, um einen vernünftigen Frieden zu schließen.

Luise und Napoleon in Tilsit  


Die Königin von Preußen ist eine reizende Frau; ihre Seele entspricht ihrem Geist, und wahrhaftig, anstatt ihr eine Krone zu nehmen, möchte man versucht sein, ihr eine andere zu Füßen zu legen . .

Der König von Preußen ist zur rechten Zeit dazu gekommen, denn eine Viertelstunde später hätte ich der Königin alles versprochen.

Napoleon zu Alexander von Rußland in Tilsit  


Sie entwickelte mir gegenüber ihren ganzen Geist, und sie hatte viel.

Alle ihre Manieren waren sehr angenehm, aber ich war entschlossen, festzubleiben, obgleich ich meine ganze Aufmerksamkeit zusammennehmen mußte, um mich auf keinerlei Verpflichtungen und zweideutige Versprechungen einzulassen, um so mehr, da ich aufmerksam beobachtet wurde, ganz besonders von Kaiser Alexander.

Napoleon über Luise, später auf St. Helena niedergeschrieben


Das war eine Frau voll Geist und Verstand. Sie unterbrach mich oft. Eines Tages quälte, flehte, beschwor sie mich, wenigstens Magdeburg herauszugeben. Die Situation war für mich äußerst peinlich geworden, und ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, den schmeichelnden Bitten der schönen Frau, die mit brennenden Wangen und glühenden Augen  flehend vor mir stand, zu widerstehen. Da trat zum Glück der König Friedrich Wilhelm ins Zimmer. Der Königin war das gar nicht recht, sie wurde verstimmt. Der König versuchte es in der Tat, sich in seiner linkischen Art in die Unterhaltung zu drängen – er verdarb seiner Gemahlin alles, und ich war gerettet.

Napoleon auf St. Helena


Was für Schritte ich getan habe, um Preußens Schicksal zu mildern, und wie wenig sie mir gelungen sind, das weiß die Welt, aber ich war als liebende Gattin dem Könige als zärtliche Mutter meinen Kindern, als Königin meinem Volke schuldig. Das Gefühl, meine Pflicht erfüllt zu haben, ist mein einziger Lohn.

Luise an ihre Schwester Friederike 1807


Die Sympathie zwischen den häuslichen Verhältnissen der königlichen Familie und denen des geringsten Bürgers war es wohl, die von Hause aus das feste Band zwischen dem neuen Königspaare und seinem Volke knüpfte und den Grund zu der fast vergötternden Liebe legte, die so viele Jahre hindurch die stillen Tugenden auf dem Thron in begeisternden Zungen feierte und das Königspaar selbst durch gute und böse Tage auf so festen und treuen Händen hindurch trug.

Gräfin Schwerin


Ich bitte Sie, sich der Königin zu nähern, wenn sie die Reinheit ihres Wesens kennen, so werden sie ihr beistimmen und sie lieben. Sie verschmäht die kleinen Mittel, welche ihr Macht geben könnten. Man muß sie um so höher achten. Es geschieht in dem Gefühl ihrer Pflicht als Gattin, daß sie sich hingibt, daß sie alle Neigungen und Meinungen des Königs teilt . .  Indessen ist das Unglück der Zeiten so groß und so grausam gewesen, daß ihre Augen über viele Dinge geöffnet sind . . . Aber die Königin muß eine Stütze finden.

Caroline v. Berg an Freiherrn von und zum Stein


Wie rührend erschien sie mir, wie groß im Unglück . . Bewundernswert für den König, ihren Kindern ergeben, ehrerbietig als Tochter, ausgezeichnet als Schwester, vollkommen als Freundin, begeistert für die Ehre ihres Landes, war sie das Glück ihres Hauses, der Zauber des Hofes und der Ruhm ihrer Untertanen.

Herzogin v. Kurland in Memel 1807


Ist doch alles in der Welt nur Übergang!

Wir müssen durch, sorgen wir nur dafür, daß wir mit jedem Tage reifer und besser werden.

Luise, April 1808


Ich kann Dir gar nicht genug beschreiben, lieber Fritz, wie sehr gestern abend Dein Brief mich angenehm überraschte. Du hast den Zweck, mir Freude zu machen, gewiß nicht verfehlt, und ich danke Dir herzlich dafür, mein teures, geliebtes Kind. Ich hoffe, nächstdem soll wahrer Vorteil Dir auch noch durch die Erlernung dieser europäischen Sprache werden . . .  Ich bin ferner überzeugt, guter Fritz, daß der gestrige frohe Tag in jeder Hinsicht ein wichtiger Tag für Dich war. Aus der ersten Kindheit bist Du nun heraus, und ernstes Nachdenken tritt nun an die Stelle von mancher Spielerei . . .  Gott segne Dich, gutes Kind, und lasse Dich heranwachsen zum Segen Deiner Eltern und Geschwister und Freunde. Deine zärtliche Mutter Luise.

Die Königin an den zwölfjährigen Kronprinzen in Memel 1807


Unsere Kinder sind unsere Schätze, und unsere Augen ruhen voll Zufriedenheit und Hoffnung auf ihnen. Der Kronprinz ist voller Leben und Geist. Er hat vorzügliche Talente, die glücklich entwickelt und gebildet werden. Er ist wahr in allen seinen Empfindungen und Worten, und seine Lebhaftigkeit macht Verstellung unmöglich . . . Für das Witzige hat er viel Empfänglichkeit, und seine komischen überraschenden Einfälle unterhalten uns sehr angenehm . . .  Ich habe ihn sehr lieb und spreche oft mit ihm davon, wie es sein wird, wenn er einmal König ist.

Luise an ihren Vater aus Königsberg  1808


Höre meine mütterliche Stimme, mein lieber Fritz; bedenke das wohl, was ich Dir zärtlich so oft wiederhole; zähme die Laune, in der Du alles, was Du möchtest, haben willst und für alles, was Du Dir denkst, gleich die Mittel zur Verwirklichung verlangst. Wer Dir vorredet, dass dies Charakter, dass dies wahre Freiheit sei, ist ein Narr oder ein falscher Freund. Wirkliche Freiheit besteht nicht darin, dass man alles tun kann, was man kann, sondern dass man das Gute tut und, was man als solches erkennt. Nur durch Überlegung wirst Du zur Erkenntnis kommen, was gut oder böse; nur durch Bändigung Deines Willens wirst Du zur Ausführung des Guten kommen, selbst wenn es mit Deinen Neigungen, Deinem Geschmack, Deiner Bequemlichkeit in Widerspruch steht; und Charakter haben heißt: nach reiflicher Prüfung des Guten oder Bösen das ins Werk setzen, was man als das Gute erkennt, und alle Willenskraft daran setzen, um sich nicht durch die Leidenschaften abwenden zu lassen, die der höchsten Wahrheit des Guten widerstreben könnte.

Luise an ihren Sohn


Die moderne Geschichtsschreibung weist kein ähnliches Beispiel von Reinheit, Glanz und schuldlosem Dulden auf, und wir müssen bis in die Tage des frühen Mittelalters zurückgehen, um Erscheinungen von gleicher Lieblichkeit . . . zu begegnen. Königin Luise dagegen stand inmitten des Lebens, ohne daß das Leben einen Schatten auf sie geworfen hätte. Wohl hat sich die Verleumdung auch an ihr versucht; aber der böse Hauch vermochte den Spiegel nicht auf die Dauer zu trüben. Mehr als von der Verleumdung ihrer Feinde hat sie von der Phrasenhaftigkeit ihrer Verherrlicher zu leiden gehabt. Sie starb nicht am „Unglück ihres Vaterlandes“, das sie freilich bitter genug empfand. Übertreibungen, die dem einzelnen seine Gefühlswege vorschreiben wollen, reizen nur zum Widerspruch.

Theodor Fontane


Nehmen Sie, mein würdiger Freund, meinen aufrichtigen Dank für Ihren Wiedereintritt in das Ministerium.

Gott wolle mit Ihnen sein bei dem großen Werke, das Sie begonnen haben, und Ihnen gelehrige und treue Werkzeuge in den Männern geben, die Sie wählen, Ihnen zu gehorchen und zu helfen in der großen Arbeit, die auf Ihnen lastet.
Ich bin weit ruhiger, seit ich Sie an der Spitze von allen weiß.

Luise an Hardenberg, einen Monat vor ihrem Tod


Meine Seele ist grau geworden durch Erfahrungen und Menschenkenntnis; aber mein Herz ist jung.

Ich liebe die Menschen; ich hoffe so gern und habe allen, ich sage allen meinen Feinden verziehen . . . In diesen wenigen Zeilen hast Du mein ganzes Bild, und wenn du mir folgst, so wirst du immer in allen meinen Handlungen diese Grundlinien meines Seins wiedererkennen.

Luise an ihre Schwester Therese  1810


Wir reisten um sechs Uhr ab nach Mecklenburg.
Den Morgen über war die Königin sehr heiter; aber als wir uns der Grenze näherten, überkam sie plötzlich eine rätselhafte Traurigkeit.
Einige Augenblicke war sie ganz von derselben übermannt und fast beängstigt;
Aber sie faßte sich rasch wieder, und es ging vorüber.

Gräfin Voß am 25. Juni  1910


Mon cher pere.
Je suis bien heureuse aujourd’hui, comme Votre fille,
et comme Epouse du meilleur des Epoux!
Neustrelitz; le 28. juin  1810

( Mein lieber Vater. Ich bin heute sehr glücklich, als Ihre Tochter und als die Frau des besten der Männer)

Es waren Luises letzten zu Papier gebrachten Worte


Ich sterbe, o Jesu, mach es leicht!

Der Tod der Königin hat viel Trauer erregt; am Tage, wo es hier bekannt wurde, ließ der Hofmarschall im Palais ein Bulletin darüber ausgeben;
Man hat viele weinend aus dem Hause kommen sehen. Beim Leichenzuge herrschte eine große Stille, und man sah überall auf der Straße Weinende aus allen Ständen;
Es war auch dadurch sehr rührend, daß er die Linden herunter stattfand, auf demselben Wege, auf dem sie einst bei ihrer Einholung als Braut gefahren war; so viele hatten sie damals gesehen.

Wilhelm v. Gerlach an seinen Bruder  1810


 Jene innere, stille Wirksamkeit des Gemüts, welche sie auf den König, ihren Gemahl, ausgeübt hat, stärkend, beruhigend, erheiternd, im häuslichen Kreise ein Glück bereitend, zu dem er immer sicher zurückkehren konnte, ein Bild innerer Schönheit darstellend, vor welchem alles andere verschwand, die Wirksamkeit, die sie ausgeübt auf jene schönen Hoffnungen besserer Zeiten, ihren köstlichsten Nachlaß; einpflanzend eben jenes Bild in die Gemüter der königlichen Kinder, welches sie auf immer festhalten wird bei dem Guten und Schönen . . .  Darauf laßt uns sehen; so werden wir bezeugen müssen, wieviel sie gewirkt hat, und Gott preisen mitten in Schmerz und Trauer für den Reichtum seiner Gnade.

Schleiermacher in der Gedächtnispredigt, August 1810


Der Tod der Königin Luise von Preußen ist der härteste Schlag, der diesen Staat jetzt noch treffen konnte.
Mit ihr verschwindet nicht allein das einzige wahre Lebenselement, das diese absterbende Maschine noch beseelte, sondern auch die einzige große Dekoration, die ihr ein gewisses äußeres Ansehen noch erhielt.

v. Gentz, August 1810


Der Tod der Königin ist ein wahrhaftiges, öffentliches Unglück für Preußen;
Er ist es in gewisser Hinsicht sogar für ganz Deutschland, und diejenigen, die das Glück hatten, dieser Fürstin näher zu treten, haben einen unersetzlichen Verlust erlitten . . .  Sie hatte im höchsten Grade die Gabe, zu beseelen, zu ermutigen, zu beleben und wieder zu beruhigen allein schon durch die Gegenwart, selbst in gefahrvollen Augenblicken; sie erkannte alle Talente, sie besaß die Kunst, selbst diejenigen zu entdecken, die sich am wenigsten selbst hervortaten.

Wilhelm von Humboldt am 29. August 1810


Ihr Leben war uns ein Blumengarten voll Tau, und wie sich die Blumen bewegten, zeigten sich die reinen Tauperlen als neue Edelsteine;
Da nahm die Sonne die vom Himmel gesandten  Tropfen wieder hinauf –
Und die Blumen standen als ihre Zypressen da.

Jean Paul


Gott im Himmel, sie muß für uns zu gut gewesen sein.
Es ist doch unmöglich, daß einen Staat so viel aufeinanderfolgendes Unglück treffen kann als den unseren.
In meiner jetzigen Stimmung ist mir nichts lieber, als daß ich erführe, die Welt brenne an allen vier Enden
.

Leberecht v. Blücher, als er die Nachricht vom Tode der Königin erhalten hatte


Luise war tatsächlich eine Königin, wie es sie sonst nur im Märchen gibt.

Zumindest war sie so angelegt: jung, schön, lustig, charmant, modisch, vergnügungssüchtig, dabei mitfühlend und großzügig, ein weiches Herz, ein bißchen oberflächlich vielleicht, gründlich ungebildet, aber von einer Erscheinung, daß selbst hartgesottenen Gesandten aus fremden Ländern der Atem stockte und sie sich in ihrer Begrüßungsansprache verhedderten, wenn sie erschien.

Heinz Ohff


Einst wird die ferne Zeit kommen, die uns um die Freude über das Große und Schöne, das wir besaßen, beneidet; denn sie hat die Schmerzen vergessen, unter denen wir es scheiden sahen.
Ach, die Wolken sind uns jetzt größer als die Sonne; denn sie sind uns näher.

Jean Paul


Sie war ein Mensch, wie ich ihn mir wünsche. Sie war kühn und verzagt, furchtlos und furchtsam, spröde und leidenschaftlich, treu und voller verborgener Wünsche, beherrscht und leidend unter der Beherrschung, klug und naiv; das alles in einem Gefäß, das nicht schöner hätte erfunden werden können.

Hans Joachim Fernau


Um die außergewöhnliche Verehrung der Königin von Preußen entstehen, andauern und sich über Deutschland ausbreiten zu lassen, mußten verschiedene Ereignisse und Umstände zusammenkommen. Schönheit und Anmut mußten selten gewesen sein auf preußischen Thronen; bürgerliche Tugenden mußten öffentliche Wertschätzung genießen; ein früher Tod mußte die Königin in der Erinnerung jung erhalten, Preußen die schlimmste Niederlage seiner Geschichte erleiden, und die Periode seiner Demütigungen mußte siegreich zu Ende gehen.
Daß aber Luise, die siebente von insgesamt elf preußischen Königinnen, für das deutsche Reich von 1871 mit dem Hohenzollernkaiser an der Spitze zu einer Art Ursprungsmythos werden konnte, hing sowohl mit dem zu ihren Lebzeiten erstarkenden deutschen Nationalbewußtsein und der besonderen Rolle Preußens in den Befreiungskriegen zusammen als auch – und das in erster Linie – mit ihrem Sohn Wilhelm, der sechzig Jahre nach ihrem Tode deutscher Kaiser wurde . . .
Und da sie zu den blonden und blauäugigen Schönheiten gehörte, eignete sie sich auch vom Äußeren her für eine Lichtgestalt deutscher Art.

Günter de Bruyn


Wenn Sie, verehrter Leser, in Hohenzieritz sind, vielleicht Interessiert Sie auch die Geschichte mit dem Sarkophag. Ein blinder Duisburger hat 20.000,00 DM als Einzelspende dafür gegeben. Als Offizier des Berliner Wachbataillons Unter den Linden war er 1945 an der Ostfront eingesetzt. Im April 1945 kam seine Einheit in Neustrelitz an. Als Einziger ist er die 10 km nach Hohenzieritz zur Luisen- Gedenkstätte hinüber. Auf dem Rückweg nahmen ihn die Russen gefangen. Der Preis waren 5 Jahre in sowjetischer Gefangenschaft. Als er vom Wiederaufbau der Gedenkstätte hörte, übergab er in Berlin Hans-Joachim Engel den Check in der genannten Höhe. So ist eine Kopie der Grabstatue von Christian Daniel Rauch neu für die Gedenkstätte in Hohenzieritz durch den Bildhauer Walter Preik gefertigt worden.

 

                                                                                                                                              

 
 

Königin Luise und der Park von Alt-Rehse

„Einst wird die Zeit kommen, die uns um die Freude über das Große und Schöne, das wir besaßen, beneidet, denn sie hat die Schmerzen vergessen, unter denen wir es scheiden sahen. Ach, die Wolken sind jetzt größer als die Sonne, denn sie sind uns näher“, mahnte uns Jean Paul mit Blick auf diese Königin.

Ein Volk, das keine Vergangenheit haben will, hat auch keine Zukunft“,  schrieb W. v. Humboldt, der schon vor 200 Jahren mehr Bildung statt Ausbildung forderte und einer der wichtigsten Ratgeber der Königin zu Reformfragen war.

Und von Ernst Moritz Arndt, dem Zeitgenossen der Königin und standhaften Streiter an der Seite des Freiherrn von und zum Stein gegen Napoleon sollten wir aus seiner Hoffnungsrede von 1810 beherzigen, wenn es um das Andenken an die Königin Luise geht:

„Wie vieles ist von dem geschwinden Strom der Zeit weggespült, was damals noch fest und lebendig stand.
Wie vieles heißt man uns hassen, was wir damals noch liebten. Wie vieles verachten, was wir damals ehrten. Wie vieles nichtig ansehen, was uns damals herrlich deuchte.
Wie kann das Neue sich Treue versprechen, von einem Leichtsinn, der keine Toten zu beweinen hat.
Nur wessen Herz auch noch jenseits in der Vergangenheit steht, der wird der Gegenwart redlich helfen und mutig in die Zukunft hineinstreben.
Wer sich selbst verläßt, der wird verlassen; das Volk, das an sich zweifelt, an dem verzweifelt die Welt und die Geschichte schweigt auf ewig von ihm.“ 

Und ich sage aus der Erfahrung meines Lebens in drei so unterschiedlichen und gegensätzlichen historischen Zeiten: „ Ohne das Gestern hat das Heute kein Morgen.“ 

Nun wird wohl mancher kommen und die Frage stellen wollen, was denn der Park von Alt-Rehse, dieses in seinen Resten noch immer als ein Landschaftsideal des Freiherrn Ludwig von Hauff erkennbare Naturdenkmal, mit dem Andenken an die immer erneut in unsere Erinnerung gerufene, aus unserem historischen Gedächtnis nicht zu tilgende, einzig bedeutsame und wirkliche Königin auf einem Deutschen Thron zu tun habe.

Gemach, gemach, kann ich nur sagen und mit Mattias Claudius erklären:

„ Die Pferde, die den vollbeladenen Wagen zu ziehen haben, gehen langsamen Schrittes.“

Alt-Rehse schien ein unbedeutender, ganz am Rande des allgemeinen Geschehens liegender, zutiefst einsamer und kümmerlicher dörflicher Ort zu sein, wie er sich seit seiner ersten urkundlichen Erwähnung 1182 – Geheimrat Lisch in Schwerin schrieb sogar von 1170 – über Jahrhunderte im Wechsel der Geschichte unter seinen 22 unterschiedlichsten Besitzern zeigte.
Doch muß um dieses  „reze“, „Olden-Reeze“ Alt-Rehse etwas Besonderes gewesen sein. Hatte es doch seinen heutigen Namen mit großer Wahrscheinlichkeit von der in den Slawenchroniken der Bischöfe Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen und Helmholdt von Bosau beschriebenen Lokation „rethre“, und ist später als „Rethra“ zum Inbegriff des größten westslawischen Heiligtums am Tollense-See zwischen Neubrandenburg und Hohenzieritz an der Lieps geworden, das, wie vergleichsweise von Theodor Storm in seiner Novelle „Aquis submersus“ beschrieben, „in den Wassern versunken“ ist.
Kriege wie der Dreißigjährige, Pest, wechselnde Herrschaft und Auswanderung nach der Aufhebung der Leibeigenschaft zehnteten dieses Dorf wie andere ringsum und zahlreiche Migrationen zeichneten es.

Neben dem Erblandmarschall von Maltzahn, der 1816 die Leibeigenschaft aufhob, Carl Otto Ferdinand Mercker, dem Gutsbesitzer, Archäologen und Freund Reuters, war es dann Freiherr Ludwig von Hauff, der den Gutspark von Alt-Rehse anlegte und damit im südöstlichen Mecklenburg ein noch heute bemerkenswertes Parkdenkmal schuf. Nur sie sind erwähnenswert.
Natürlich kannte die Königin – auch nicht als Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz – weder den Ort Alt-Rehse unmittelbar, zumal der nicht zum Großherzogtum ihres Vaters gehört hatte, sondern im Machtbereich des Schweriner Großherzogs lag.

Und erst recht nicht konnte sie den Park von Alt-Rehse kennen, der erst nach 1897 in seiner Anlage zu entstehen begann und lange zuvor nur eine bis an den Tollense-See reichende Waldweide gewesen war.

    

 

(Meßtischblätter  Wiebeking u. Schmettau)

Ob es zwischen dem Großherzoglichen Haus und der Familie in Neustrelitz einerseits und den damaligen Besitzern von Alt-Rehse, der Familie des Erblandmarschalls Ferdinand von Maltzahn, irgendwelche Kontakte gegeben hatte, ist nicht bekannt.

Es darf aber in diesem Zusammenhang erwähnt werden, daß die v. Maltzahns im Penzliner Raum, so auch in Alt-Rehse, mit ihren Landarbeitern dem Aufruf zum Kampf gegen die napoleonischen Unterdrücker begeistert gefolgt waren, hatten sie doch die Franzosenzeit in aller Drangsal am eigenen Leibe erlebt. Und sie gaben ihren Landarbeitern dafür später zum Dank ihre Freiheit aus der bis dahin quälenden Leibeigenschaft, wie noch heute eine schlichte Tafel in der Penzliner Marienkirche bezeugt.

Wirkte auch bis hier, bis ins tiefste, zurückgebliebene Mecklenburg, unter dem Volke der zumeist stille, aber keineswegs stumme und so leidenschaftliche Widerstand der Königin gegen den Korsen und dessen gewaltige Maßlosigkeit?

Wirkte die unaufhörliche Tätigkeit ihrer Berater und Freunde?

Wie anders ist es sonst zu erklären, daß diese leibeigenen Landarbeiter ebenso wie die Bürger wie ein Mann aufstanden, als die engen Freunde der Königin sie riefen, ja so sehr, daß eine einfache Frau aus dem Volke, die am Kampf gegen Napoleon aktiv und mit dem Säbel in der Hand an der Seite ihres Mannes teilgenommen hatte und über sich selbst hinausgewachsen war, später stolz den zu Ehren und im Andenken der so früh verstorbenen Königin gestifteten Orden „Das Eiserne Kreuz“ voll Stolz in Penzlin getragen hatte.

So gibt es – zwar nicht unmittelbar, aber dennoch erkennbar – einige Verbindungen und historische Randbegebenheiten, vor allem aber jüngere Entwicklungen in unserem Vaterlande, die anregen, auch aus Alt-Rehser nachbarlicher Sicht über die Königin, ihr Leben und Wirken und dann im Interesse unserer Jugend über Schlußfolgerungen für die heutige Zeit nachzudenken.

Als Freiherr Ludwig von Hauff nach dem Erwerb von Alt-Rehse begann, neben der Modernisierung der Landwirtschaft aus der bis zum Tollense-See reichenden altertümlichen Waldweide seinen Park von Alt-Rehse anzulegen, da hatte er weder einen Landschaftsarchitekten zur Hilfe, noch war der kleine nur 5 ha umfassende Malliner Schloßpark seines Vaters als Vorbild geeignet.

Doch nicht weit von Alt-Rehse, in Hohenzieritz, befand sich ja eine der schönsten Naturparkanlagen im südöstlichen Mecklenburg.

Sie war seit 1771 für den Vater der Königin Luise, den Großherzog Carl von Mecklenburg-Strelitz nach den Ideen und unter der Anleitung des englischen Landschaftsgärtners Thompson bis 1783 entstanden.

Mit diesem Thompson und seiner so typisch englischen, nun modernen Betrachtung der Landschaftsgestaltung entstand die neue Mecklenburgische Landschaftspark-Architektur.

Hohenzieritz war die Wiege dieser Entwicklung.

Das geschah etliche Jahrzehnte, bevor durch Joseph Lenne, den deutschen Landschaftsgestalter, inzwischen mit Schinkel bekannt und gewiß von diesem nicht unbeeinflußt, die noch heute beeindruckenden Parkanlagen von Basedow bei Malchin für die Grafen Hahn und nach seinen Ideen in Krumbeck im Stargarder Kreis für die Familie von Dewitz angelegt wurden.

Freiherr Ludwig von Hauff hat – leider gibt es keine Aufzeichnungen darüber – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach Hohenzieritz rübergeschaut, sich gerade diesen Park zum Vorbild genommen, ehe er mit seinen Landarbeitern begann seinen Park zu schaffen. Sind doch zahlreiche, gewiß aus der Erkenntnis der gleichen Endmoränengestaltung gewonnenen Übereinstimmungen in der ursprünglichen Anlage noch immer zu finden.

 

(Hohenzieritz – Alt-Rehse)

Allein schon das zu den Seen abfallende Gelände der durch die pommersche Phase der Weichselkaltzeit endgültig geformten Endmoränenlandschaft mit ihren Hügeln, Schluchten und Tälern bot sich förmlich an. Doch war – auch unter dem Einfluß des Großherzoglichen Schweriner Edikts zur Einführung der Holstein’schen Koppelwirtschaft anstelle der veralteten Waldweide im Verein mit der sich immer mehr durchsetzenden Albrecht Thaer’schen Umwandlung der Landwirtschaft zugunsten besserer Erträge die Bereitschaft zur Schaffung ansehnlicher, das Schloß oder Herrenhaus umgebender Parks gegeben.

Daß es ein aus Baden stammender Adliger war, der hier zu wirken begann, darf uns nicht verwundern. Viele große, die Entwicklung prägende Gestalten der damaligen Zeit, insbesondere in Preußen, waren Menschen, die nicht in Preußen geboren waren, die aber später im preußischen Sinne dienten.

Solche Parks sollten auch nicht mehr isoliert, abgeschlossen liegen, sondern in die umgebende Landschaft fortwirken.

Jetzt begann die Linde in ihren verschiedenen Arten wieder stärker das Bild der Landschaft in vielfältiger Form zu prägen.

(Lindenallee Alt-Rehse)

Hatte es seit den Germanen und Slawen die Linde als heiligen Gerichtsbaum und danach immer stärker als „Gottes Apotheke“ gegeben, so entstanden nun verstärkt die Lindenalleen in Dörfern und Städten und gaben den Parks in mehrfacher Weise den besonderen Charakter. Linden in Kreisen oder als Gruppen gepflanzt, bereicherten nicht nur die Landschaftsgärten, so auch in Hohenzieritz und Alt-Rehse, sondern schmückten wieder die Dörfer und Städte.

In Erinnerung an die Königin, die solche Linden liebte  - und später zu ihrem Gedenken - wurden besonders entlang des Weges, den der Trauerzug nahm, Linden gepflanzt.

„Unter den Linden“ in Berlins Mitte hatte sich der Trauerzug mit der Königin nach Charlottenburg bewegt.

Tanzlinden erinnerten jetzt in den Dörfern besonders der Kurmark an die Verstorbene.

So war jüngst im Vorfeld des Gedenkens an den 200. Todestag die Idee geboren und fand rasch Freunde, auch in Alt-Rehse im einstigen Gutspark innerhalb des großen Lindenkreises am Hang eine Erinnerungsstätte zu gestalten und zu beleben.

(der Lindenkreis im Hauff’schen Park)

Zeitgleich wurde damit begonnen, junge Linden-Heister aus dem alten Park zu werben und hier heranzuziehen, um sie dann anläßlich des 200.Todestages der Königin zwischen Hohenzieritz und Charlottenburg zu pflanzen.

Doch kann das alles nur der äußere, begleitende Rahmen sein.

Wenn anläßlich des Luisen-Gedenkens der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, erfreulich aktiver als seine Vorgänger, die Schirmherrschaft für eine Fachtagung über die Königin Luise von Preußen übernimmt, die sich mit dem Mythos dieser einzigartigen  Königin befassen wird, dann ist das nur zu begrüßen.

Doch engt das angedachte Motto „Königin Luise und ihre Popularität; Erschaffung eines Idols 1810 bis heute“ das Thema, ob bewußt oder unbewußt ein und läßt alles in dem lange zelebrierten, preußenfeindlichen, scheindemokratischen Licht einer Inszenierung dieser bis heute im Volk vorhandenen, ungebrochenen Liebe und Verehrung erscheinen.

Wer sich intensiv mit dem Wirken der Königin und deren Wirkung auf die großen Geister des Freiheitskampfes gegen die napoleonische Unterdrückung beschäftigt hat, wem Scharnhorst und Gneisenau, von und zum Stein und Hardenberg, Wilhelm von Humboldt und Schlegel, Ernst Moritz Arndt, Schill und Blücher sowie Jean Paul und deren wechselseitiger Einfluß auf diese Königin und ihr scheinbar stilles aber unermüdliches Wirken für die Befreiung Preußens und Deutschlands vom fremden Joch bewußt sind, der weiß, daß es der Erschaffung eines Idols nicht bedurfte.

Es war schon da, noch ehe diese einmalige Erscheinung unter den deutschen Königinnen so früh verstarb.

„Unter den zahlreichen Königinnen, welche mit und nach der Königin Luise gekommen und gegangen sind, ist keine zweite, die also noch in lebendiger Erinnerung fortlebte“, hatte Theodor Mommsen erklärt.

Und den Worten Wilhelm von Humboldts vom 29. August 1810 ist kaum etwas hinzuzufügen: „ Der Tod der Königin ist ein wahrhaftiges, öffentliches Unglück für Preußen, er ist in gewisser Hinsicht sogar für ganz Deutschland, und diejenigen, die das Glück hatten, dieser Fürstin näher zu treten, haben einen unersetzlichen Verlust erlitten . . . Sie hatte im höchsten Grade die Gabe, zu beseelen, zu ermutigen, zu beleben und wieder zu beruhigen allein schon durch die Gegenwart, selbst in gefahrvollen Augenblicken; sie erkannte alle Talente, sie besaß die Kunst, selbst diejenigen zu entdecken, die sich am wenigsten  selbst hervortaten.“

Daß es im glücklichen Überschwang der Befreiung und danach zur romantischen Heroisierung dieser Gestalt kam, hat weit weniger zu ihrer Idealisierung beigetragen, als die frühe, bald im Volke tief verwurzelte, unauslöschliche Liebe und Bewunderung zu einer „Königin der Herzen“.

Und nicht Filme und Bücher oder Tagungen motivieren in diesem besonderen Fall die Menschen, sondern die nahezu über alle Zeiten und Hindernisse ungetrübte lebendige Erinnerung regt die verschiedensten „Kulturschaffenden“, die Historiker, Schriftsteller, Maler, Dichter und Filmregisseure zu Recht immer erneut an.

Es muß also weit mehr an dieser historischen Frauengestalt sein, als nur der Glanz ihrer Erscheinung. In ihr verkörpert sich das alte, bewußt zerstörte Preußen mit seinen Idolen und Idealen, die seinen Gegnern ein immerwährender stummer Vorwurf waren und noch heute sind.
Es waren vor allem diese Ideale der Aufklärung, der Unterordnung unter das Gesetz, der Freiheit des Glaubens, des ersten so nirgends erreichten Rechts, des selbstlosen Dienens gegenüber diesem Staatswesen, das die Menschen anzog und begeisterte.
Es waren Ideale, die trotz allen Mißbrauchs noch oder wieder lebendig sind.
Ich erinnere an Hans-Joachim Schoeps und seine Äußerung zu den Versuchen der braunen Machthaber den Alten Fritz für ihre Zwecke zu mißbrauchen und sich als Preußen aufzuspielen: „Preußen war vom Reich Hitlers so weit entfernt wie das Flötenkonzert von Sanssouci vom Horst-Wessellied.“

Doch wenn wir alle nicht aufpassen, dann werden wir es möglicherweise erleben, daß ähnlich wie bei den geifernden, bilderstürmenden Studentenverführern und gesichts- wie geschichtslosen Lehrern in Greifswald, auch noch versucht werden wird, das Andenken an eine Frau, die, umgeben und beeindruckt von preußischen Geistern und preußischer Haltung, uns gerade heute helfen könnte, zu den Tugenden und Idealen Preußens im Interesse unseres Vaterlandes, seiner immer mehr ratsuchenden fleißigen Menschen und seiner weitgehend orientierungslosen, von falschen, ja morbiden, auch kriminellen Leitbildern verführten, vorbildarmen Jugend zurückzuführen.

„Wer allzu begeistert in der Erinnerung lebt, dem verdorrt der Zukunftssinn. Er wird lebensuntüchtig“, hatte Friedrich Nietzsche gemahnt.

Doch hat er uns auch in seinen Gedanken über „Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben“ etwas mitgegeben, das wir als fortwirkende Aufgabe unserer Erinnerungen für die Zukunft beherzigen sollten:

 „Erst dadurch, daß der Mensch denkend, überlegend, trennend, zusammenschließend, das unhistorische Element einschränkt ( - ) also erst durch die Kraft  das Vergangene zum Leben zu gebrauchen und aus dem Geschehenen wieder Geschichte zu machen, erst dadurch wird der Mensch zum Menschen.“ 

Sie, diese preußische Königin und ihre Berater und Vorbilder könnten solche Vorbildwirkung beinhalten.

Und sie hat uns 1808 ermahnt: „ Ist doch alles in der Welt nur Übergang!

Wir müssen durch, sorgen wir nur dafür, daß wir mit jedem Tage reifer und besser werden.“ 

Wir aber sollten nichts unversucht lassen, um an den verschiedensten Orten, besonders dort, wo junge Menschen erzogen und gebildet werden, an diese Frau und ihren Geist, an den Inhalt des wahren Preußens zu erinnern. 

Dazu könnte der Park von Alt-Rehse in der Zukunft beitragen.

                                                                                                Dr. Wolfgang Köpp

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